Lust ohne Altersgrenze - weibliche Sexualität im Alter
Körperliche Liebe im Alter ist oftmals ein Tabuthema. Barbara Zollern*, 62 Jahre alt, lebt in Frankfurt, Vera Ludwig*, 60 Jahre alt, in Berlin. Die beiden kennen sich seit dem Studium. Ihre Freundschaft ist von Offenheit geprägt, auch wenn es um das Thema Sexualität geht. Aus ihrer Unterhaltung veröffentlichen wir hier Auszüge und Zitate.
*Namen von der Redaktion geändert
Barbara Zollern: „Das Klimakterium habe ich sehr bewusst erlebt. Die Regel blieb aus, was ich nicht unbedingt schlecht fand. Leider stellten sich auch negative Dinge ein."
Vera Ludwig: „Ja, auch dass es beim Sex manchmal unangenehm ist…"
Nach den Wechseljahren verändert sich bei Frauen die hormonelle Situation. Die Schleimhäute in der Vagina werden empfindlicher, es kann zur Scheidentrockenheit kommen. Ein entscheidender Faktor für die Scheidenfeuchtigkeit sind die Östrogene.
Nach dem Klimakterium sinkt der Östrogenspiegel im Blut, die Scheide wird nicht mehr so gut mit Blut und Nährstoffen versorgt. Durch die verminderte Durchblutung ändert sich auch die Zusammensetzung des Scheidensekretes. Sind die Beschwerden nicht stark ausgeprägt, lässt sich oftmals bereits mit Gleitmitteln und lokal angewandten Präparaten eine deutliche Linderung erzielen. Ein anderes Problem hinsichtlich der sexuellen Aktivität im höheren Alter ist die Harninkontinenz. Der unkontrollierte Harnverlust während des Geschlechtsverkehrs wird von vielen Frauen als störend und beschämend empfunden, sodass sie den sexuellen Kontakt meiden. Der Inkontinenz lässt sich jedoch entgegenwirken, beispielsweise mit Beckenbodentraining.
„Wir sitzen bestimmt nicht nur auf der Bank und halten glückselig Händchen.“ Vera Ludwig
Neben den physischen sind auch emotionale Veränderungen möglich. Eine Studie der Charité Berlin** dokumentiert, dass sich viele Frauen freier in der Sexualität fühlen. Die Regelblutungen bleiben aus, Verhütung ist nicht mehr nötig. Auch dass die Kinder aus dem Haus sind, kann das Sexualleben neu beleben.
Ebenso scheint es einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Haltung dem eigenen Körper gegenüber und der erlebten Sexualität zu geben. Wird der Körper als positiv empfunden, wird auch die Sexualität bejaht. Generell würden Frauen, die eine entspannte Einstellung zur Sexualität und Interesse an sexuellen Aktivitäten zeigen, auch im Alter mehr sexuelle Freuden genießen.
„Das Begehren bleibt!“ Barbara Zollern
Zwischen Jung und Alt gibt es im Erleben von Gefühlen wie Intimität und Geborgenheit nur geringe Unterschiede. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie*** Berliner Wissenschaftler. Ein Drittel der 60- bis 80-Jährigen gab an, dass sie häufiger sexuell aktiv seien und auch häufiger sexuelle Gedanken hätten als der Durchschnitt der 20- und 30-Jährigen. Das scheint insbesondere bei Frauen jedoch in hohem Maße von der Qualität der Partnerschaft abzuhängen.
Vera Ludwig: „Mein Mann und ich hatten und haben ein schönes Sexleben. Da hat sich nichts verändert."
Barbara Zollern: „Klar, der Sex geht ja schließlich nicht in Rente!“
**Dr. phil. Beate Schultz-Zehden, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Weibliche Sexualität in der zweiten Lebenshälfte – Ergebnisse einer empirischen Studie an Frauen zwischen 50 und 70 Jahren, in: Sexuologie 10 (2/3), 2003, 85 – 8
***Kolodziejczak, K. et al., Sexual activity, sexual thoughts, and intimacy among older adults: Links with physical health and psychosocial resources for successful aging. Psychology and Aging, 34, 2019, 389-404
Bildquelle: Artem/stock.adobe.com
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