Serie Frauenmedizin Teil 10 – Gut leben trotz Rheuma
Unter Arthritis leiden Frauen drei Mal häufiger als Männer. Eine frühe Therapie verbessert die Prognose. Was den Alltag mit dem entzündlichen Gelenkleiden leichter macht.
Mit dem Rucksack auf dem Rücken ins Wochenende starten, ein erfülltes Sexleben mit dem Partner haben oder morgens locker aus dem Bett hüpfen: Das Leben beschert einem im Kleinen wie im Großen wunderbare Momente. Fast eine Binsenweisheit, dass dieser Alltagszauber nie selbstverständlich ist. Doch wie belastet ein Leben ohne ihn verlaufen kann, spüren Menschen mit Rheuma jeden Tag am eigenen Leib. Besonders Frauen sind die Leidtragenden, denn sie erhalten die Diagnose „Rheumatoide Arthritis“ drei Mal häufiger als Männer – und im Durchschnitt zehn Jahre früher, nämlich um das 50. Lebensjahr. Laut Fachwelt erhöht die genetische und hormonelle Ausstattung des weiblichen Geschlechts die Anfälligkeit für das chronische Leiden. Unabhängig davon gilt auch Rauchen als Trigger für den Krankheitsverlauf. Arthritis wird von der Wissenschaft den Autoimmunkrankheiten zugeordnet. Das Immunsystem ist also fehlgesteuert und richtet sich gegen den eigenen Körper. Bei Arthritis zielt die biologische Attacke auf die Gelenkinnenhaut, meist entzündet sie sich zunächst in Fingern und Zehen. Bei einer Polyarthritis zeigt sich der zerstörerische Prozess zudem in Knie-, Schulter- oder Hüftgelenken. In seltenen Fällen sind auch innere Organe wie Niere, Herz oder Lunge betroffen.
Schleichender Beginn
Die Krankheit beginnt meist schleichend. Zu Beginn klagen die Erkrankten vor allem morgens über steife Finger, die sie erst nach Stunden wieder lockerer bewegen können. Auch schwellen die Gelenke an und erwärmen sich, wobei die Haut sich dabei nicht rötet. Erschwerend lässt häufig die Kraft beim Greifen nach, schon das Öffnen eines Marmeladenglases kann zur Tortur werden. Psychisch belastend auch, wenn sich kleine „Rheumaknoten“ unter der Haut sowie Fehlstellungen der Gelenke zeigen.
Das richtige Pensum finden
Ein Trost allein, dass sich die Beschwerden zwar nicht ganz heilen, aber zumindest ausbremsen lassen. Je eher die verschiedenen Therapiebausteine ansetzen, umso erfolgreicher die Aussichten. Medikamente lindern Entzündungen und Schmerzen und beugen Gelenkschäden vor: Kortisonpräparate und entzündungshemmende Schmerzmittel mit Inhaltsstoffen wie Ibuprofen oder Diclofenac können die Beschwerden lindern. Ärztinnen und Ärzte verschreiben manchmal auch synthetische Anti-Rheumawirkstoffe wie Methotrexat oder gentechnisch hergestellte Eiweißsubstanzen, sogenannte Biologika. Über Wirkstoffe, Dosis und Darreichungsformen entscheiden Mediziner:innen individuell. Bei Fragen zur medikamentösen Therapie berät Sie das Personal in der Apotheke.
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Um die Gelenke beweglicher zu halten, zahlen sich auch Physio- und Ergotherapie aus. Und regelmäßiger gelenkschonender Sport wie Walken, Radfahren oder Schwimmen fördert diesen Effekt. Körperliche Betätigung wirkt zudem der rheumabedingten Erschöpfung entgegen, die viele Erkrankte quält. Wichtig ist, je nach Krankheitsverlauf das richtige Pensum zu finden und eine Überforderung zu vermeiden. Gut, wenn Sie sich auch über das Thema Ernährung informieren. Denn die gezielte Auswahl von Lebensmittel kann die Behandlung von Rheuma unterstützen. Schön, wenn Sie aus antientzündlichen Zutaten schon bald Ihr Lieblingsessen zubereiten. Lassen Sie einfach zu, dass der Alltagszauber wieder in Ihr Leben zieht!
„Trotzdem!“ Was hilft, sich mit der Krankheit zu arrangieren
- Setzen Sie sich mit der Diagnose auseinander.Je besser Sie Bescheid wissen, umso weniger fühlen Sie sich machtlos oder ausgeliefert.
- Erkundigen Sie sich über Hilfsmittel, die Ihr tägliches Leben erleichtern.
- In Selbsthilfegruppen können Sie sich mit Menschen austauschen, die ähnliche Erfahrungen wie Sie machen (z. B. Deutsche Rheuma-Liga; rheuma-liga.de)
- Lernen Sie „Nein“ zu sagen, um sich im Alltag nicht noch mehr auszupowern.
- Ob Sexualität, Belastungen im Alltag oder ein verändertes Körperbild: Sprechen Sie in der Partnerschaft und/oder Familie solche Sorgen an. Das wirft seelischen Ballast ab.
- Angst vor Jobverlust, verändertes Aussehen oder Beziehungsprobleme: Kreisen Ihre Gedanken nur noch um solche belastenden Themen, können Gespräche in der psychotherapeutischen Praxis entlasten und neue Perspektiven aufzeigen.